Geldanlage: Die Zeiten von „Money for  Nothing“ sind vorbei

Finanzprofis warteten fast zehn Jahre auf die Zinswende. Aber so sehr der Negativzins eine finanzwirtschaftliche Absurdität darstellte – er hielt sich seit dem Jahr 2014 hartnäckig. Erst im vergangenen Jahr lösten die massiv gestiegenen Energiekosten eine Kettenreaktion hin zu stark steigenden Verbraucherpreisen aus. Die Folge waren massive  Zinserhöhungsprogramme der weltweiten Notenbanken. Diese führten nicht nur zu Preisrückgängen von im Zinstief übermäßig im Wert gestiegenen Sachwerten wie Immobilien, sondern auch zu einem historisch einmaligen Crash an den doch eigentlich als sicher geltenden Märkten für festverzinsliche Wertpapiere. Marion Lamberty von der FVP Gesellschaft für Finanz- und Vermögensmanagement erläutert im vorliegenden Gastbeitrag für den VAA Newsletter, warum festverzinsliche Anlagen jetzt wieder interessant werden.

Zinserhöhungen: Wo Licht ist, ist auch Schatten

Das lange verschmähte Tagesgeld ist für die Banken heute wieder attraktiv. Sie werben um Einlagen und zahlen wieder Zinsen – manche inzwischen sogar in Höhe der Inflationsrate. Auch wenn in den letzten Monaten Sparenden der Kaufkrafterhalt bei einer Inflationsrate über 3 Prozent und Zinssätzen unter 3 Prozent nicht besser gelang als während der Zeit mit 0,5 Prozent Negativzins und einer Inflation nahe Null – der Zins gibt nicht nur mir als Anlegerin ein gutes Gefühl. Und, weil Bankeinlagen keine Kurse haben, selbst dann noch, wenn der Zinssatz seit der eigenen Anlage noch einmal deutlich gestiegen ist und neue Tagesgelder mehr Zinsen erhalten.

Anders sieht es bei den normalerweise höher rentierlicheren Anleihen aus, also den festverzinslichen Wertpapieren, die gehandelt werden und für die entsprechend ein Kurs veröffentlicht wird. Bei späteren Zinserhöhungen und dadurch besser verzinsten Neuemissionen sinkt der Kurs der Anleihen, die schon im Bestand und damit schlechter verzinst sind. Diese Papiere verloren je nach Laufzeit und Bonität in den vergangenen Monaten drastisch an Wert. Beispielsweise notierte eine 30-jährige Bundesanleihe, die 2019 mit einem Nullkupon zu einem Ausgabekurs über 100 Prozent angeboten wurde, Ende November 2023 nur noch bei 48 Prozent. Über die Hälfte ist Buchverlust und das bei einer mündelsicheren Anlage, die nach aller Voraussicht nach Ablauf der 30 jährigen Laufzeit zu 100 Prozent zurückgezahlt wird. Diese Extremszenarien zeigten sich gerade in den Depots konservativer Anleger, die mit geringer Risikoklasse eher in festverzinslichen als in aktienorientierten Anlagen investiert waren. Es galt durchzuhalten.

Aussicht auf mögliche Zinssenkungen beflügelt

Wie geht es nach dem Tief am Anleihenmarkt nun weiter? Ist inzwischen der Zinshöhepunkt erreicht? Einiges deutet darauf hin: Normalerweise erhalten Sparende höhere Zinsen, je länger die Laufzeit ihrer Festgelder ist. Damit honorieren Banken bei Erwartung eines gleichbleibenden Zinsniveaus, dass Kunden sich länger festlegen und die Bank entsprechend mehr Planungssicherheit hat. Doch es folgt derzeit nur noch ein Teil der Banken und Sparkassen diesem Muster. Denn nachdem die Europäische Zentralbank den Leitzins in zehn Schritten auf 4,5 Prozent und den für Banken wichtigen Einlagenzins auf 4,0 Prozent angehoben hatte, legte sie bereits ab Oktober eine Zinspause ein. Auch die größte Notenbank, die US-amerikanische Fed, hat die Zinserhöhungen schon länger ausgesetzt und ihr Präsident deutete vorsichtig ein Ende der Zinserhöhungen an. Einige Investoren rechnen inzwischen bereits in den ersten Monaten des Jahres 2024 mit Zinssenkungen. Schlecht für die Tagesgeldanleger – aber ein ideales Szenario für viele Rentenfonds und konservative Mischfonds. Denn letztere haben ihren Anleihenanteil inzwischen wieder deutlich ausgebaut. Diese Investmentfonds konnten in den vergangenen Wochen Anleihen mit hohen Renditen in ihren Bestand kaufen, die in einem Umfeld fallender Zinsen deutliche Gewinne erwarten lassen. Da aber der Beginn eines Zinsrückgangs nicht vorhergesagt werden kann, bleibt es schwierig den richtigen Investitionszeitpunkt zu finden. Insgesamt sollte im aktuellen Zinsumfeld mit mehr und schnelleren Kursbewegungen gerechnet werden. Vorsichtige Anlegende steigen hier über mehrere Schritte wieder in den Markt ein. Die breite Streuung eines Mischfonds kann dabei die Auswirkung von Einzelrisiken verringern und dennoch durch die aktive Steuerung des festverzinslichen Anteils auf Zinsänderungen reagieren. Gleichzeitig hat der Mischfonds die Ausweichmöglichkeit anderer Anlageklassen, falls der Optimismus der Marktteilnehmer doch zu weit geht und die erneute Zinswende noch auf sich warten lässt.