Geldanlage: Rückkehr der Inflation

Im September hat die Inflation in Deutschland zum ersten Mal seit fast drei Jahrzehnten die Marke von vier Prozent überschritten. Marion Lamberty von der FVP Gesellschaft für Finanz- und Vermögensmanagement erläutert im vorliegenden Gastbeitrag für den VAA Newsletter, wie Anleger sich angesichts höherer Inflationsraten positionieren sollten.

Die Wiedereröffnung nach Monaten pandemiebedingten Stillstands führt in vielen Branchen zu einer sprunghaft gestiegenen Nachfrage. Doch die internationalen Lieferketten sind noch nicht im Takt. Nicht nur die verstärkte Konsumentennachfrage, auch fehlende Vorprodukte sorgen für Engpässe auf der Angebotsseite. Gleichzeitig steigen die Energiepreise enorm an. Bereits im September hat die Inflation in Deutschland zum ersten Mal seit fast drei Jahrzehnten die Marke von vier Prozent überschritten. Dies verteuert nicht nur den Konsum. Die Inflation lässt auch den Wert der Ersparnisse schmelzen, da die Zinsen nicht ausreichen, um den Kaufkraftverlust zu kompensieren.

Lange Zeit waren lediglich stark gestiegene Vermögenspreise die offensichtliche Folge der lockeren Geldpolitik und der fehlenden Zinsen. Während die Verbraucherpreise kaum zulegten, stiegen die Preise für Immobilien und Luxusgüter extrem an. Seit einigen Monaten bewegt sich aber auch die Inflationsrate der Verbraucherpreise deutlich über der Zwei- Prozent-Zielgröße der Notenbanken. Einige Einflussfaktoren dürften zwar bald wieder verschwinden – etwa die preistreibenden Effekte, die sich aus gestörten Lieferketten oder aus der Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung in Deutschland ergeben. Es wird jedoch befürchtet, dass es auch weiterhin zu spürbar höheren Inflationsraten kommen könnte, wenn es den Notenbanken nicht gelingt, den geldpolitischen Stimulus zurückzudrehen.

Schwierige Gratwanderung

Fest steht jedenfalls, dass die Geld- und Fiskalpolitik eine schwierige Gradwanderung bewältigen muss. Die Zentralbanken werden die Zinsen tendenziell eher zu zögerlich anheben und eine Phase hoher Inflation riskieren, als die Wirtschaft durch eine zu straffe Geldpolitik abzuwürgen. Gleichzeitig werden die verschuldeten Staaten so lange wie möglich an der Tiefzinspolitik festhalten wollen. Anleger sollten aus diesem Grund mittelfristig mit einer höheren Inflation rechnen und ihre Geldanlagen entsprechend ausrichten. Dies ist insbesondere für sicherheitsorientierte Anleger herausfordernd. Laut Bundesbank betrug die Realverzinsung von Ersparnissen auf Sparbüchern und Festgeldkonten im August dieses Jahres minus 3,7 Prozent – so viel hat das Gesparte an Kaufkraft verloren. Für Vermögen, das nicht der Liquiditätsreserve dient, gilt es demnach, Anlagemöglichkeiten zu suchen.

Aktien und Gold als Inflationsschutz

Aktien und Gold gelten in diesem Umfeld als die einzigen liquiden Anlageklassen, die zukünftig einen Schutz vor Inflation bieten können. Nachdem die Notenbanken Anfang November 2021 noch einmal Zinserhöhungen in den kommenden Monaten ausgeschlossen haben, erscheinen Aktienbeimischungen für Geldanleger zunehmend alternativlos. Allerdings bedarf es vor einer Investition einiger Planung und Fachkenntnis: Eine aktienorientierte Investition setzt immer einen mittel- bis langfristigen Anlagezeitraum voraus, um Kursrückschläge aussitzen zu können. Die derzeit bereits deutlich gestiegenen Kurse werfen zudem die Frage auf, ob die Bewertungen an den Aktienmärkten überhaupt noch gerechtfertigt sind. Positive Unternehmensmeldungen und die Niedrigzinsen lassen hohe Bewertungen zwar in vielen Fällen zu. Allerdings besteht die Herausforderung darin, zu erkennen, ob die positiven Unternehmensergebnisse aus einmaligen Nachholeffekten resultieren oder erhöhte Gewinne langfristig zu erwarten sind. Der Inflationsanstieg erhöht natürlich auch für Unternehmen Energiekosten und Preise der Vorprodukte. Zukünftig erfolgreiche Unternehmen brauchen demnach eine Preissetzungsmacht, um diese Preisanstiege weiterzugeben.

Anders als Aktien wird Gold als „sicherer Hafen“ bezeichnet, denn Gold hat langfristig gesehen die Kaufkraft erhalten. Zudem verliert der Einwand, es würden mit Gold keine Erträge erzielt, im Nullzinsumfeld an Gewicht. Doch auch der in US-Dollar notierte Preis des Edelmetalls schwankt stärker als vermutet. Ein Investor muss diese Schwankungen aushalten – sowohl zeitlich als auch nervlich.

Inflationsfolgen und Schutzmaßnahmen

Ansteigende Inflationsraten begünstigen Schuldner und risikofreudige Anleger, die Sachwerte besitzen. Die Konsequenzen für Zinssparer sind dagegen offensichtlich. Benachteiligt werden vorsichtige Anleger, die in Tagesgeldanlagen, Staatsanleihen und Versicherungen investiert haben. Leider gehören zu diesem Anlegerkreis oft auch Arbeitnehmer und Rentner. Sie erleiden bei hoher Inflation schon deshalb Wohlstandsverluste, weil ihre Bezüge nur teilweise und mit zeitlicher Verzögerung angepasst werden. Insbesondere für diese Anlegergruppe können aktiv verwaltete und breit gestreute Investmentfonds mit ausgewogener Ausrichtung einen guten Inflationsschutz bieten. Diese sollten neben Aktien und Rohstoffen auch Anlagen enthalten, die unabhängig von der Kapitalmarktentwicklung positive Ergebnisse erzielen können, sowie inflationsgeschütze Anleihen, deren Zinssatz an die Entwicklung der Inflationsrate gekoppelt ist.