Geldanlage: Emotionen im Zaum halten
Emotionen und Bauchgefühl sind menschlich. Bei der Geldanlage können sie jedoch zu systematischen Fehlern führen. Joerg Lamberty von der FVP Gesellschaft für Finanz- und Vermögensplanung beleuchtet in seinem Gastbeitrag für den VAA Newsletter die wichtigsten emotionalen Fallstricke. Außerdem zeigt der VAA-Kooperationspartner, wie Anleger bessere Anlageentscheidungen treffen können.
Bei der Geldanlage sind es häufig nicht die fremden Feinde, die es zu überlisten gilt, sondern wir selbst. Denn es sind unser Bauchgefühl und die eigenen Emotionen, die unsere Anlageentscheidungen negativ beeinflussen. Der erste Feind, der uns bei der Geldanlage begegnet, ist der Herdentrieb. Er führt dazu, dass wir tendenziell zu hohen Kursen kaufen und zu niedrigen Kursen wieder verkaufen. Von Angst und Gier getrieben, rennen wir dem fahrenden Zug steigender Kurse erst hinterher, um dann bei fallenden Kursen panikartig wieder auszusteigen. Nicht weniger gefährlich ist der zweite Feind: die Selbstüberschätzung. Sie versetzt uns in den Glauben, dass wir den Markt schlagen können, und verführt uns dazu, unsere Anlagen häufiger hin und her zu schichten, als es notwendig wäre. Das kann eine kostspielige Angelegenheit sein, denn „hin und her macht die Taschen leer“. Der dritte Feind, der uns bei der Geldanlage teuer zu stehen kommt, ist die Ad- hoc- Entscheidung. Dabei unterliegen wir der Versuchung, Aktien oder Fonds nur deshalb zu kaufen, weil hierüber in der Presse positiv berichtet wird. Leider führt die mediale Aufmerksamkeit regelmäßig dazu, dass die Preise der betreffenden Anlagen bereits deutlich über ihren fairen Wert gestiegen sind. Der vierte Feind ist unser Hang zur mentalen Buchhaltung. Sie verleitet uns dazu, Verluste zu spät zu realisieren, weil wir auf eine Kurserholung hoffen, die leider nicht immer eintritt. Damit erreichen wir – statt Gewinne laufen zu lassen und Verluste zu begrenzen – das genaue Gegenteil. Und das, nur um uns nicht eingestehen zu müssen, dass wir uns in der Vergangenheit geirrt haben.
Markt-Timing und Rückspiegel
Die beiden wichtigsten emotionalen Fallstricke, die sich besonders negativ auf den langfristigen Anlageerfolg auswirken können, sind der Wunsch, den exakt richtigen Zeitpunkt für den Ein- und Ausstieg zu treffen („Markt-Timing“), sowie die Orientierung an Vergangenheitsrenditen und Ranglisten („Rückspiegel-Investments“). Bei „Rückspiegel-Investments“ tun wir heute das, was wir vor ein oder zwei Jahren hätten tun sollen, statt das zu tun, was wir uns in ein oder zwei Jahren wünschen werden, heute getan zu haben. Wenig tröstlich ist dabei, dass nicht nur Privatanleger, sondern auch Profis vor der Aufgabe stehen, bei der Anlageentscheidung ihre Emotionen im Zaum zu halten.
Strategie konsequent verfolgen
Um zu verhindern, dass Emotionen den Anlageerfolg beeinträchtigen, ist es zunächst wichtig, eine langfristige Perspektive zu haben und die einmal festgelegte Strategie auch in schwierigen Marktphasen konsequent zu verfolgen. Dabei sind eine möglichst breite Streuung über verschiedene Anlageklassen (Portfoliokonstruktion) und ein disziplinierter, antizyklischer Investmentansatz (Risikomanagement) die beiden wesentlichen Erfolgsfaktoren. Niemand weiß, wie sich die Finanzmärkte kurz- und mittelfristig entwickeln werden. Trotzdem ist es hilfreich, gedanklich bereits auf größere Turbulenzen an den Märkten vorbereitet zu sein (Stress-Szenario). Fester Bestandteil einer langfristigen Strategie sollte deshalb ein bereits vorgefasster Plan sein, bei abrupten Kursverlusten von zum Beispiel 30 Prozent an den Aktienmärkten, antizyklisch den chancenorientierten Teil der Anlagen schrittweise zu erhöhen und den defensiven entsprechend zu verringern (Aktives Rebalancing).
Außerdem sollte klar sein, dass jede disziplinierte Anlagestrategie im Laufe eines vollständigen Börsenzyklus (von Hoch zu Hoch beziehungsweise Tief zu Tief) temporär auch schwierige Phasen durchläuft, in denen sie schlechter als der Marktdurchschnitt abschneidet. Aktuell sind zum Beispiel marktneutrale Strategien (Absolute Return Fonds) betroffen, die aufgrund ihrer Absicherung teilweise deutlich hinter der Entwicklung der Aktien- und Anleihemärkte zurückbleiben. Auch wenn Bauchgefühl und Emotionen uns etwas anderes nahe legen, ist das Verhältnis von Chance zu Risiko nach acht Jahren steigender Kurse an den Finanzmärkten momentan eher ungünstig. Deshalb wäre es ein großer Fehler, die Absicherungsstrategie wegen ihrer temporären Unterperformance jetzt zu verwerfen und stattdessen auf riskantere Anlagen zu setzen, die in den letzten Jahren hauptsächlich wegen der massiven Eingriffe der Notenbanken gute Ergebnisse erzielt haben.