Geldanlage: Wie umgehen mit Finanzwissen aus dem Internet?

Noch nie war es so einfach wie heute, Informationen zu Finanzthemen zu erhalten. Das Internet bietet eine Vielzahl jederzeit verfügbarer Quellen. In den letzten Jahren entstand zudem das Berufsbild des Finanz-Influencers: „Finfluencer“ sind Personen, die im Internet Tipps zu Themen rund um die Geldanlage geben und häufig auch direkt die passenden Lösungen verlinken. Im Zuge steigender Popularität werden diese Influencer gleichzeitig als Absatzkanal für Finanzproduktanbieter immer interessanter. Entsprechend steigt die Gefahr, dass vermeintlich kostenlose und augenscheinlich rein wissenschaftlich begründete Empfehlungen einseitig und vertriebsmotiviert gegeben werden. Marion Lamberty von der FVP Gesellschaft für Finanz- und Vermögensmanagement mbH erläutert in ihrem Gastbeitrag für den VAA Newsletter, wie man das Wissen im Netz nutzen, sich aber vor unseriösen Tippgebern schützen kann.

Wissen zu Themen der Geldanlage, Altersvorsorge oder zu verschiedenen Finanzprodukten musste früher mühsam beschafft werden. Das ist heute deutlich einfacher: Verschiedene Publikationen aus unabhängigen und seriösen Quellen wie zum Beispiel den Verbraucherzentralen, der Bundesbank, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder auch diversen Verbänden klären auf. Die Produktgeber halten neben werblich aufgemachten Broschüren auch die Verkaufsprospekte und Basisinformationen mit den aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Angaben auf ihren Webseiten vor. Derjenige, der Beratung sucht, findet die Kontaktdaten von Beratern und ihre Publikationen ebenfalls im Netz. Wer allerdings persönliche Empfehlungen sucht, aber einen direkten Termin scheut, für den könnte ein „Finfluencer“ von Interesse sein.

Was sind Finfluencer?

„Finfluencer“ sind Influencer, die sich auf das Thema Finanzen spezialisiert haben. Sie teilen ihr Wissen und ihre Erfahrungen in den sozialen Medien wie Instagram, YouTube, TikTok oder Facebook, um ihre Follower über verschiedene finanzielle Themen zu informieren. Dabei geht es um Investments, Anlagestrategien, Altersvorsorge oder konkrete Finanzprodukte. „Finfluencer“ nutzen die Plattformen, um komplexe Finanzthemen verständlich und häufig unterhaltsam zu erklären. Durch ihre authentische Art und ihre Nähe zu ihrer Community schaffen sie Vertrauen und ermutigen die Nutzer, sich aktiv mit ihren Finanzen auseinanderzusetzen und zu investieren.

Vorsicht ist geboten, wenn solche „Finanzexperten“ gleichzeitig über andere Gebiete wie Politik, Wirtschaft oder Sport, Reisen und Kosmetik referieren. Eigentlich sagt einem der gesunde Menschenverstand in einem solchen Falle bereits, dass hier kein ausgewiesener Finanzexperte, sondern eher ein Marketingprofi auftritt.

Glaubwürtigkeit hinterfragen

Für denjenigen, der Onlinetipps sucht, ist es wichtig, die Seriosität der Quelle zu hinterfragen. Die sechs wichtigsten Prüfkriterien sind:

  • Liegt der Fokus eher auf Unterhaltung? Ein gut recherchierter Beitrag sollte fundierte Informationen liefern und nicht reißerisch oder übertrieben wirken.
  • Die Autorin beziehungsweise der Autor des Artikels, Podcasts oder Videos sollte geprüft werden, zum Beispiel durch das Einsehen des Lebenslaufs auf Plattformen wie Xing, LinkedIn oder Informationen auf der eigenen Website. Es sollte darauf geachtet werden, welche Qualifikationen vorhanden sind, welchen Abschluss die Person erlangt hat und wie viel Berufserfahrung sie mitbringt.
  • Gibt es eine Webseite mit Impressum und werden die obligatorischen Impressumspflichten auch erfüllt? Wo ist der Standort des „Finfluencers“? Wer seinen Sitz in Steueroasen wie zum Beispiel den Emiraten oder Zypern hat, erscheint eher fragwürdig und ist wenig greifbar.
  • Selbstverständlich muss derjenige, der Tipps im Internet gibt, seine Tätigkeit auch finanzieren. Wenn Nutzer nicht für die Information zahlen müssen, ist es also wichtig, herauszufinden, von wem der „Finfluencer“ gesponsort wird, ob er oder sie angestellt ist oder einfach im Auftrag wirbt. Wenn auf Produkte verlinkt wird, sollte dies immer deutlich vom eigentlichen Inhalt des Beitrags getrennt sein. Vorzugsweise sollte offengelegt sein, wie viel an der Empfehlung verdient wird, damit die Abhängigkeit der Empfehlung abgeschätzt werden kann.
  • Einige „Finfluencer“ empfehlen risikoreiche und unseriöse Geldanlagen, betonen in ihren Postings allerdings nur deren Chancen, ohne die Risiken detailliert darzustellen. Insbesondere dann, wenn auch noch Zeitdruck aufgebaut wird, ist Vorsicht geboten.
  • Die BaFin warnt in ihrem Leitfaden über den Umgang mit sozialen Netzwerken bei der Geldanlage auch davor, für Anlagetipps auf private Messenger-Dienste zu wechseln, für welche die Herausgabe privater Kontaktdaten erforderlich ist.

Informationsbeschaffung immer aus mehreren Quellenisiko

Letztendlich kann das Internet immer als erste Informationsquelle dienen, aber ein Onlinetipp ersetzt nicht den ausgebildeten und erfahrenen Finanzplaner oder Berater. Viele Follower wissen nicht, dass ein „Tipp“ eines Influencers keine seriöse Beratung ersetzt und auch kein Freundschaftsdient ist. Finanzprodukthersteller zahlen reichweitenstarken Influencern oft verdeckt hohe Provisionen und geben so den Anreiz für nicht objektive Empfehlungen. Dabei sind die Zielgruppe oft eher unerfahrene Anleger, die besonders anfällig für scheinbar kostenlose Versprechen „schneller Gewinne“ sind.

Zur Recherche von Finanzwissen sollten deshalb mehrere Quellen genutzt werden sowie die aus Verbraucherschutzgründen vorgeschriebenen Originaldokumente der Produktgeber und eine persönliche Beratung, um eine eigene Anlagestrategie zu finden und sich ein vollständiges Bild von den angepriesenen Investments zu machen.