Vermögensanlage im Ruhestand – digitale Trends nutzen

Die Digitalisierung macht vieles einfacher und effizienter – auch in der Abwicklung der Finanzgeschäfte. Bei den Instrumenten zur Geldanlage bleibt das Thema aufgrund seiner enormen Bandbreite jedoch häufig abstrakt. Zwischen reinem Marketingslogan und Produktinnovation liegt ein schmaler Grad. Doch der Anleger kann digitale Trends nutzen. Dabei muss er allerdings abschätzen: Welche Technologien haben eine Zukunft? Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Geschäftsmodelle von Unternehmen aus?

Kryptowährungen: Disrupion oder doch nur Illusion?

Eine neue, durch die Digitalisierung entstandene Anlageklasse sind virtuelle Währungen. Dabei polarisiert diese Anlageklasse enorm:

  • Die Unabhängigkeit der Kryptowährungen von Regierungen und Zentralbanken sind vor dem Hintergrund der immer höheren Staatsverschuldungen und lockerer Geldpolitik für skeptische Anleger ein zunehmend wichtiges Argument für eine Investition. Doch die Anonymität des Kryptomarktes bietet auch ideale Bedingungen für kriminell erworbene Gelder.
  • Die Datenspeicherung der Blockchain-Technologie in verteilten Netzwerken und auf mehreren Servern verhindert Manipulationen bei Handel und Verwahrung der virtuellen Währungen. Das schafft Vertrauen. Auf der anderen Seite benötigen die für Digitalwährungen notwendigen Rechenoperationen extrem viel Strom. Der aktuelle Verbrauch wird auf 73 Terawattstunden pro Jahr geschätzt. Das entspricht dem jährlichen Stromkonsum von ganz Österreich. Wie passt diese Energiebilanz in die aktuelle Nachhaltigkeitsdebatte?
  • Die Rechenzentren sind oft in Ländern mit geringer Regulierung angesiedelt, um die dort günstigeren Strompreise für die Schaffung neuer Währungseinheiten zu nutzen. Schlagzeilen, wie die angebliche nebenberufliche Produktion von Bitcoins durch Mitarbeiter eines ukrainischen Atomkraftwerkes, verpassen dem ein etwas dubioses Bild.
  • Virtuelle Währungen können noch nicht über die üblichen vertrauten Anbieter für Geldanlagen erworben werden. Der Privatanleger kann bei seiner Bank noch keine Bitcoins erwerben, sodass er sich auf Angebote im Internet einlassen muss. Der erste geregelte Handelsplatz für Kryptowertpapiere wurde gerade erst im September 2019 durch die Stuttgarter Börse eröffnet. Angebote von Banken und Fondsgesellschaften sind noch in Planung.
  • Der noch junge Markt lockt Anleger immer wieder durch sagenhafte Kursgewinne. Dabei steckt der Handel noch in den Kinderschuhen. Der Bitcoin ist die liquideste Kryptowährung. Doch auch der gesamte Markt des Bitcoin ist verhältnismäßig klein und kann durch eine gewisse Geldmenge relativ mühelos in die eine oder andere Richtung bewegt werden. Bitcoin-Kursanstiege und Kurseinbrüche von zehn bis 30 Prozent sind nicht ungewöhnlich und treten innerhalb eines Jahres mehrfach auf.

Entsprechend wird die Anlage in digitale Währungen, wie Bitcoin oder die unter der Federführung von Facebook geplante Libra, von Finanzmarktexperten und Notenbankern überwiegend kritisch gesehen. Noch sind zu viele Fragen offen und die Regulierung steht noch weitgehend aus. Widerrufsmöglichkeiten, Datenschutz und andere Bereiche sind weiter völlig ungeklärt. Mit einer Bewertung der virtuellen Währungen als Geldanlage sollte man deshalb noch vorsichtig sein. Sie sind sicherlich keine Alternative für die Anlage von Kapital, das der weiteren Versorgung im Ruhestand dienen soll. Kryptowährungen bieten derzeit dem Renditejäger ein Feld zur Spekulation. Denn noch gleicht die Anlage einer Lotterie.

Digitale Trends in der Breite nutzen

Dennoch sind die Möglichkeiten der Digitalisierung mit Big Data, Blockchain-Technologie und künstlicher Intelligenz für jeden Investor von Bedeutung. Kaum ein anderes Thema beschäftigt die Finanzbranche derzeit so stark. Die großen US-amerikanischen Technologieunternehmen wie Facebook, Amazon, Netflix und Google (Alphabet) beflügeln die Wachstumsfantasien und dominieren bereits seit einigen Jahren den weltweit größten, den amerikanischen Aktienmarkt. Mit ihrer hohen Marktkapitalisierung haben diese sogenannten FANG-Aktien die Schwergewichte aus Industrie und Bankenwelt bereits deutlich hinter sich gelassen.

Professionelle Investoren wie Investmentfonds verfolgen den Megatrend sehr genau und suchen nach vielversprechenden neuen Geschäftsideen. Die Auswahl, die der jeweilige Investor zu treffen hat, scheint dabei nur auf den ersten Blick einfach: Welche Regionen, Branchen werden durch die Digitalisierung weiter profitieren und welche zukünftig verlieren? Wie wird sich Künstliche Intelligenz (KI) auf Produktion und Nachfrage auswirken? Welche Geschäftsmodelle werden durch die Digitalisierung vereinfacht oder sogar erst ermöglicht? Neue Ideen, Kundenreaktionen, Effizienzgewinne durch neue Technologie in Produktion und Vertrieb, aber auch die Reaktion von Politik und Regulierung müssen dabei sehr schnell bewertet werden. So manche Blase ist in den vergangenen Jahren schon geplatzt – sowohl hoch gelobte Geschäftsideen und Start-ups, als auch solche Unternehmen, die bahnbrechende Entwicklungen verschlafen hatten, verschwanden bereits vom Markt.

Digitalisierung bietet ein extrem anspruchsvolles Investmentumfeld, das viel Erfahrung, aber auch ein gutes Netzwerk in der jeweiligen Branche voraussetzt. Die Manager aktiver Investmentfonds erläutern in ihren Berichten regelmäßig ihre Recherchen zu digitalen Investmentideen. Eine spannende Lektüre, die den flexiblen und transparenten Investmentprozess des Fondsmanagers nachvollziehbar macht. Doch auch bei der genauesten und umfassendsten Analyse gilt: Renditechancen stehen grundsätzlich immer auch Risiken gegenüber.

Der Investmentgrundsatz, der im Umfeld schneller Innovationen und hoher Vermögenspreise noch weiter an Bedeutung gewonnen hat, ist der Grundsatz der breiten Streuung des Vermögens über verschiedene Anlageklassen, Branchen und Regionen. Dadurch sind insgesamt stabilere Renditen zu erwarten und die Verlustrisiken werden eingegrenzt. Das eigene Investmentportfolios sollte jeder Anleger entsprechend immer wieder überprüfen und sich Expertenrat holen.