Geldanlage: Gefährlicher Dividenden-Hype

Niedrige oder negative Zinsen treiben immer mehr Sparer in risikoreiche Anlageklassen. Dabei sind die Vermögenspreise bereits extrem gestiegen. Während Immobilien in vielen Städten kaum noch bezahlbar sind, werden sogenannte Dividendenaktien als Alternative zur festverzinslichen Anlage beworben. Doch Vorsicht: Nach über acht Jahren steigender Kurse sinkt die Anzahl derer, die die Erfahrung extremer Kursrückschläge – wie im Jahr 2008 – im eigenen Depot gemacht haben. VAA- Kooperationspartnerin Marion Lamberty von der FVP Gesellschaft für Finanz- und Vermögensplanung warnt vor der großen Sorglosigkeit.

Werbung für Dividendenaktien und Dividendenfonds fällt in der immer länger andauernden Niedrigzinsphase auf fruchtbaren Boden. Der Vergleich des Index US-amerikanischer Dividendenaktien mit dem allgemeinen US-amerikanischen Aktienmarktindex, dem S&P 500, zeigt die Popularität der Dividendenstrategien eindrucksvoll. Verliefen die beiden Indices in den Jahren vor der Finanzkrise nahezu gleich, verzeichnet der Dividendenindex seit Beginn der Niedrigzinsphase einen deutlich stärkeren Anstieg. Gerade den konservativen Anlegern werden Dividendenfonds als Alternative zu immer unattraktiveren festverzinslichen Anlagen angeboten. Der Slogan „Konservative Sparer verschenken Renditen“ appelliert an die Gier. Die im Vergleich angeführten Dividendenrenditen von über drei Prozent wirken durchaus verlockend. Dabei wird vergessen, dass Aktien und festverzinsliche Anlagen völlig unterschiedliche Investmentformen sind.

Zu große Sorglosigkeit

Zu der verzweifelten Suche nach Rendite gesellt sich eine gefährliche Sorglosigkeit. Denn Aktien bleiben Wertpapiere mit starken Kursschwankungen. Zwar gelten Dividendenfonds als konservativ. Zu den enthaltenen Einzelwerten zählen häufig Unternehmen aus den Branchen Telekommunikation, Finanzen und Versicherungen oder Versorger. Aber auch vermeintlich stabile Dividendenwerte bescherten Aktionären in der Vergangenheit immer wieder massive Kursverluste, die dann nicht einmal ansatzweise durch Dividendenausschüttungen kompensiert werden konnten. Prominente Beispiele sind die Entwicklung der Deutsche Bank-Aktie seit der Finanzkrise oder der Aktie von RWE seit der Energiewende.

Wer Aktien nur anhand der Dividendenrendite auswählt, macht es sich zudem zu einfach. Die Dividendenrendite misst das Verhältnis der Ausschüttung zum Aktienkurs. Der so ermittelte Wert sagt aber allein noch nichts aus, denn die Dividendenrendite steigt nicht nur bei Ausschüttungserhöhungen, sondern auch bei fallenden Kursen. Eine fundamentale Wertpapierauswahl und auch die Überlegung, wann der richtige Ausstiegszeitpunkt im heiß gelaufenen Markt wäre, werden vernachlässigt.

Das Auswahlkriterium „stabile und hohe Dividende“ wird insbesondere dann fragwürdig, wenn die Dividende nicht auf dem Gewinnwachstum des Unternehmens basiert, sondern auch in Verlustphasen ausgeschüttet wird. Dies geschieht häufig auf Druck der Investoren oder um den Verbleib der Aktie in den Dividendenindices zu sichern.

Zinssensitivität nimmt zu

Die Popularität der Dividendenstrategien hat die Bewertungen der Papiere überproportional ansteigen lassen. Die Folgewirkung der Werbeslogans – hohe Nachfrage und steigende Kurse – haben eine geradezu magnetische Anziehungskraft. Inzwischen weisen Dividendenpapiere durch den zunehmenden Einstieg der traditionellen Sparer jedoch eine deutlich erhöhte Zinssensitivität auf. Sollten die Marktteilnehmer einen Zinsanstieg und dadurch wieder attraktivere Anlagemöglichkeiten im festverzinslichen Bereich erwarten, besteht bei den Dividendentiteln ein enormes Rückschlagpotential. Zudem würde ein allein aus Dividendenaktien und Anleihen aufgebautes Depot in einem solchen Szenario einen hohen Gleichlauf aufweisen.

Breite Ausrichtung statt einseitiger Wetten

Statt sich nur auf die Dividende zu konzentrieren, sollten fundamentale Kriterien und professionelle Recherche bei der Aktienauswahl im Vordergrund stehen. Denn eine Abkopplung der Kurssteigerung vom Gewinn ergibt sich auch bei einem Nachfrageüberschwang immer nur für kurze Zeit. In ein ausgewogenes Depot gehören vielmehr sowohl professionell gemanagte Aktien- als auch Anleihefonds. Dabei ist die Höhe des Aktienanteils von der Risikofähigkeit und der Risikobereitschaft des jeweiligen Anlegers abhängig. Gerade in Zeiten, in denen ein Zinsanstieg neben Anleihen verstärkt auch Aktienpositionen treffen kann, sollten Fonds integriert werden, die unter Einsatz von abgesicherten Strategien auch bei fallenden Märkten positive Erträge erzielen können.