Geldanlage: Verlustpotenzial begrenzen!

Die Kurse von Aktien und Anleihen sind seit mehr als sieben Jahren gestiegen. Das verleitet Anleger dazu, sich bei der Ausrichtung ihres Depots an den Vergangenheitsrenditen zu orientieren. Das Verlustpotenzial, das sich durch die geldpolitisch getriebenen Kursanstiege aufgebaut hat, wird dabei vernachlässigt. Joerg Lamberty von der FVP Gesellschaft für Finanz- und Vermögensplanung zeigt, dass es für den langfristigen Anlageerfolg wichtig ist, auch in schwierigen Börsenphasen hohe Verluste zu vermeiden. Der VAA-Kooperationspartner rät dazu, Depots krisenfest zu machen.

Bei der Geldanlage wird Vermögen über einen langfristigen Zeitraum aufgebaut. Dieser umfasst in der Regel mehrere Marktzyklen. Die Verläufe der einzelnen Marktzyklen mit ihren Aufwärts- und Abwärtsphasen (Bullen- und Bärenmarkt) unterscheiden sich in Dauer und Ausmaß erheblich. Die exakten Zeitpunkte von Trendwenden sind nicht vorhersehbar. Deshalb ist aggressives „Markt-Timing“ unmöglich. Für den langfristigen Anlageerfolg ist trotzdem entscheidend, dass die in Aufwärtsphasen erzielten Vermögenszuwächse nicht durch hohe Verluste in den unvermeidlichen Abwärtsphasen wieder zunichtegemacht werden. Der Vergleich zweier fiktiver Depots über den Zeitraum 2000 bis 2016 zeigt, warum es wichtig ist, das Verlustpotenzial zu begrenzen. Bei Depot A wird eine „Buy- and- Hold- Strategie“ verfolgt: Das Depot A bleibt über die gesamte Anlagedauer zu 100% in US-Aktien investiert (abgebildet durch den S&P 500 Index). Das Depot B unterscheidet sich von Depot A nur dadurch, dass während der beiden Bärenmärkte (1.1.2000 bis 31.3.2002 und 1.10.2007 bis 30.4.2009) jeweils die Hälfte des Depots nicht in Aktien, sondern in kurzfristigen Staatsanleihen angelegt und deshalb nicht von der jeweiligen Abwärtsphase betroffen war:

 

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Kumulierter Vermögenszuwachs in Prozent 2000 bis 2016.  Quelle: FVP Gesellschaft für Finanz- und Vermögensplanung mbH

Natürlich ist das perfekte „Markt-Timing“ in der oben beschriebenen Art zu schön, um wahr zu sein. Denn zahlreichen Studien zufolge gelingt es in der Praxis weder Privatanlegern noch Profis, dauerhaft den richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkt zu treffen. Das Beispiel soll deshalb auch auf keinen Fall als Aufruf verstanden werden, aggressives „Markt-Timing“ zu betreiben. Stattdessen soll es das Risikobewusstsein schärfen und zeigen, wie wichtig es ist, durch einige wenige antizyklische Anpassungen des Depots im Verlauf mehrerer Marktzyklen hohe Verluste zu vermeiden.

Denn durch die teilweise Verlustvermeidung in den beiden Bärenmärkten hätte Depot B seit dem Jahr 2000 einen Vermögenszuwachs erwirtschaftet, der um 115 Prozentpunkte höher ist als bei Depot A – bei geringeren Schwankungen.

Zinseszins und Prozentrechnung

Die  Gründe für den erstaunlichen Unterschied sind der Zinseszinseffekt und die Logik der Prozentrechnung. Durch hohe Verluste wird die Wirkung des Zinseszinseffektes erheblich geschwächt, weil sich die anschließend wieder erzielten Gewinne auf einen niedrigeren Depotstand beziehen. Während geringe Verluste relativ einfach zu kompensieren sind, ist das bei hohen Verlusten anders. Je höher die Verluste sind, desto schwieriger ist es, diese durch Gewinne der Folgeperiode wieder auszugleichen:

 

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Quelle: FVP Gesellschaft für Finanz- und Vermögensplanung mbH

Auch wenn Trendwenden an den Finanzmärkten nicht prognostizierbar sind, können Anleger auf sie vorbereitet sein. Im achten Jahr der Aufwärtsphase befindet sich der Marktzyklus in einem Bereich, in dem weitere Kursanstiege die Chancen-Risiko-Relation von Aktien und Anleihen zunehmend verschlechtern. Außerdem hat die extrem lockere Geldpolitik die Preise aller Anlageklassen nach oben getrieben, was die Gefahr von abrupten Marktkorrekturen bei geldpolitischen Änderungen deutlich erhöht. Beides spricht dafür, Depots jetzt krisenfest zu machen. Dazu sollten Anleger ihre Depots breit über mehrere Anlageklassen, Währungen und Regionen streuen und Klumpenrisiken vermeiden. Außerdem sollten sie defensive Anlagen übergewichten und marktneutrale Strategien als Absicherung beimischen. Derart krisenfeste Depots partizipieren zwar an einem fortgesetzten Bullenmarkt nur teilweise, dafür sind die Verluste beim nächsten Crash – wenn auch nicht völlig vermeidbar – aber durchaus verkraftbar.