Anlagestrategien in turbulenten Zeiten

Die Protagonisten der Finanzwelt und weite Teile der Politik verneinen es beharrlich, doch die Lage an den Finanzmärkten ist äußerst ernst: Teile des globalen Bankensystems sind angeschlagen und die öffentliche Verschuldung ist in einer Reihe von Staaten außer Kontrolle geraten. Sowohl Geld- als auch Fiskalpolitik haben ihr Pulver verschossen. Darüber hinaus fehlt es an politischer Führungsstärke, um unbequeme Wahrheiten auszusprechen und notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Stattdessen wurstelt man sich weiter mit faulen Kompromissen durch und hofft, dass Realwirtschaft und Finanzmärkte von einer Krise größeren Ausmaßes verschont bleiben.

Mittelfristige Perspektive

Vor diesem Hintergrund rechnen unabhängige Experten für die nächsten drei bis fünf Jahre mit folgendem „Basis-Szenario“: In den Industrieländern wird das Wirtschaftswachstum sinken und die Arbeitslosigkeit, Steuern sowie Inflationsraten steigen. Die Sozialausgaben werden gekürzt und die Einkommens- und Vermögensunterschiede werden größer. Europa wird sich noch intensiv mit dem Ausfall und der Restrukturierung von Staatsanleihen beschäftigen. Deutlich wachsen wird dagegen die Wirtschaft in den aufstrebenden Volkswirtschaften, so dass sich die globalen Einkommensunterschiede tendenziell verringern.

Für die Finanzmärkte bedeutet das bestenfalls einige „magere“ Jahre mit niedrigen positiven Renditen bei Aktien oder sogar negativen Renditen bei Anleihen. So prognostiziert beispielsweise GMO – eine US-Investmentgesellschaft, deren Analysen sich seit vielen Jahren als sehr zuverlässig erwiesen haben – für die nächsten sieben Jahre (Inflationsannahme 2,5 Prozent p. a.) bei internationalen Aktien eine inflationsbereinigte durchschnittliche reale Rendite von 4,3 Prozent, bei internationalen Staatspapieren jedoch ein Minus von -1,7 Prozent p. a.

Neben dem Basis-Szenario, das die Vermögensanlage in den kommenden Jahren bereits vor erhebliche Herausforderungen stellen wird, sollten vorsichtige Anleger auch ein tatsächliches Worst-Case-Szenario einmal durchdenken. So könnten größere politische Fehler, die beispielsweise das Scheitern des Euro zur Folge hätten, zu gewaltigen makroökonomischen Verwerfungen führen. In diesem Fall wären auch Kursschwankungen von mehr als 30 Prozent an den weltweiten Aktienmärkten keine besondere Überraschung.

Was sollten Anleger jetzt tun?

Zunächst sollten Anleger ihre Depots einer sorgfältigen Risikoanalyse unterziehen, damit sie wissen, mit welchen Schwankungen sie im Worst-Case-Szenario rechnen müssen. Falls das tatsächliche Risiko höher ist als gedacht, empfiehlt es sich, unverzüglich entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Grundsätzlich sollten Vermögensanlagen im Ruhestand deutlich sicherheitsorientierter ausgerichtet sein als in der aktiven Berufsphase. Des Weiteren ist eine sehr breite Streuung der Anlagen äußerst wichtig. Im Portfolio sollten verschiedene Anlageklassen (Renten-, Rohstoff- und wertorientierte Aktienfonds) aus unterschiedlichen Ländern und Regionen enthalten sein. Jede dieser Anlageklassen sollte risikoarm sein sowie unterschiedlich stark und zum Teil auch entgegengesetzt auf Einflüsse von außen reagieren, so dass ein temporärer Verlust in einer Anlageklasse durch Gewinne anderer Anlageklassen ausgeglichen werden kann. Etwaige Klumpenrisiken, wie sie häufig durch den Erwerb von Mitarbeiteraktien entstehen, sollten nach Ablauf der Bindungsfristen reduziert werden. Außerdem empfiehlt es sich, in turbulenten Zeiten eine etwas höhere Cash-Quote (Tagesgeld etc.) zu halten, damit der aktienorientierte Teil des Portfolios nach eventuellen Kurseinbrüchen auf einem günstigeren Bewertungsniveau antizyklisch wieder aufgestockt werden kann.